Gravel-Handbike

Gravel-Handbikes sind die robusten Geschwister der Touren-Handbikes. Sie sind bereit für raues Terrain, bleiben wendig und bieten dank Federung jede Menge Fahrkomfort. Ihr Revier: Schotter- und Sandwege, Wald- und Wiesenpfade, einfache Singletrails und gerne auch mal ein Stück querfeldein. Mit grösserer Bodenfreiheit und agiler Fahrweise sind sie gemacht für alle, die abseits der Strasse unterwegs sein wollen.

Wer die Natur auf Wald- und Forstwegen erkundet, weiss eine Schaltung mit besonders grossem Übersetzungsbereich zu schätzen – so bist du in jedem Gelände souverän unterwegs.

Gravel-Abenteuer ohne Motorunterstützung sind echter Spitzensport. Deshalb wird das spezialisierte Gravel-Handbike in der Regel mit Motor bestellt – für mehr Reichweite, Freiheit und puren Fahrspass.

Schnellübersicht Gravel-Handbikes

Sitzposition: Von Standard- bis Touren-Handbike Sitzposition.

Rahmen: Aluminium und Stahl, robust, moderate Einstellbarkeit.

Schaltung: Nabenschaltungen oder Kettenschaltungen mit grossem Übersetzungsverhältnis.

E-Antriebe: Nur Getriebe-Nabenmotoren, Kurbelmotoren. Keine Direktläufer Motoren.

Bremsen: Kombination aus Scheibe- und Felgenbremsen. Besser Scheiben an allen Rädern. Für Tetraplegiker Rücktritt.

Radsturz: kein oder nur wenig, dafür breite Spur wie MTHB Mountain Handbikes.

Räder: 559 (25″) besser 584 (27.5″)

Reifen: mittel breit, von 40-559 (584) bis 60-559 (584), guter Pannenschutz und gut profiliert.

Sicherheit: Safety Rack, Signalflagge und Beleuchtung. Optimierte Antidekubitus Sitzkissen.

Sitzposition

  • Im Gravel-Handbike macht eine aufrechte Position, ähnlich dem Standard-Handbike Sinn, bessere Übersicht ist wichtiger als Aerodynamik.
  • Bequeme Sitzpostionen lassen längere Touren zu.
Sitzposition CrossCountry
Quelle: Marcel Kaderli

Rahmen

  • Gravel-Handbike Rahmen werden gerne in Alu oder Stahl geschweisst. So sind sie leicht genug, lassen sich in geeignete Formen bringen und bieten ein hohes Mass an Festigkeit. Carbon bietet sich als Baumaterial für Gravel-Handbikes weniger an. Carbon ist teuer, in der Einstellbarkeit einschränkt und empfindlich gegen Schläge oder Kratzer.
  • Die Höhe des Rahmens soll so konzipiert sein, dass genügend (mehr als 120 mm) Bodenfreiheit bleibt.
  • Gefederte Gravel-Handbikes bringen viel Komfort und Kurventreue.
  • Unter dem Sitzbespann muss eine Platte (Überfahrschutz) angebracht werden, um den Fahrer vor Ästen oder Steinen zu schützen.
  • Delta-Trike und Tadpole Anordnung eignen sich als Gravel-Handbikes. Während Delta-Trikes eher zügig forwärts ziehen, sind Tadpol-Trikes wendiger, bieten mehr Traktion, können vollgefedert gebaut werden.

Handgriffe / Schaltung

  • Sehr zu empfehlen sind Nabenschaltungen wie z.B. Rohloff 500/14.
    Vorschlag ohne Motor: 3-fach Kettenblattgarnitur 22-36-50 vor einer Rohloff-Getriebenabe mit 21 Zähne Ritzel, ergibt eine Entfaltung von fast 1200%.
    Vorschlag mit Mittelmotor: 1 fach vom Motor auf 16 Zähne Ritzel an der Rohloff-Getriebenabe.
  • Bei Kettenschaltungen muss ein System gewählt werden, welches das starke Drehmoment des Motors aushält.
  • Handgriffe ovale Alu-Griffrohre oder gummierte Griffe.
  • Unterwegs auf Gravel-Terrain kommt es nicht auf Hundertstelsekunden an, zusätzliche Lenker für die Schalt- und Bremsarmaturen schützen die Kabel und dienen als Träger für Licht und/oder Navigationsgeräte, sowie der Steuerung des E-Antriebes. Mit dem Nachteil, für jeden Schaltvorgang vom Handgriff weggreifen zu müssen, kann der Gravel-Handbiker leben.
Lenker an Schmicking MTB-Langsitz CrossCountry-Handbike
Quelle: Handbike-Andi Privatarchiv

E-Handbike Antriebe

An Gravel-Handbikes machen Motoren viel Sinn. Der Rollwiderstand von Kies und Schotter ist deutlich höher als der von Asphalt.

  • Kurbel-(Mittel-)Motoren haben den Vorteil, dass die Schaltung hinter dem Motor platziert ist, so kann der Motor immer in einer schonenden, effizienten und stromsparenden Drehzahl gehalten werden. Sofern der Bauraum an der Kurbel das zulässt und der grosse Motor die Sicht nicht einschränkt, wird der Mittelmotor oben direkt bei der Kurbel montiert.
  • Moderne starke Mittelmotoren ermöglichen vielen nicht Spitzensportlern ungeahnte Möglichkeiten für Touren mit der Familie.
  • Naben-Getriebe-Motoren wenn Mittelmotoren nicht eingesetzt werden können. Für Steigungen über 10% und 300 Höhenmeter am Stück, sind Nabenmotoren nicht geeignet.
  • Es gibt Versuche mit zwei Naben-Getriebe-Motoren in den Hinterrädern, was ungeahnte Traktion verspricht. Leider bleiben die Probleme der überhitzenden Motoren bestehen. So bieten die Tadpole Handbikes mehr Möglichkeiten.
  • Direktläufer-Nabenmotoren haben an einem Gravel-Handbike nichts verloren.
  • Akkus hinter der Rückenlehne montiert.
  • Der Mittelmotor wird vor, unter oder hinter der Sitzfläche angebracht dadurch bleibt der Schwerpunkt tief.
  • Für den Einsatz im alpinen Raum kommen nur Mittelmotoren in Frage. Nabenmotoren kommen mit dem hohen Systemgewicht (Fahrer und Handbike) bei langsamer Fahrt nicht klar.
  • Moderne starke Mittelmotoren wie z.B. Bafang BBS02 (48V) oder BBSHD (48V oder 51V) ermöglichen vielen nicht Spitzensportlern ungeahnte Möglichkeiten für Touren mit der Familie. Leider schränkt die Gesetzgebung stark ein. Während in der Schweiz 500 Watt Motoren mit 48V legal sind, erlaubt Deutschland (EU) nur 250 Watt.
  • Mittelmotoren direkt an der Kurbel sind für Tadpole Handbikes wegen der langen Kette nicht geeignet.
  • In flachen oder leicht hügeligen Gebieten sind Naben-Getriebe-Motoren einsetzbar.
  • Akkus werden möglichst tief unter den Sitz oder hinter der Rückenlehne montiert. Achtung, Akkus müssen vor Nässe geschützt werden (z.B. Bachdurchfahrten).

Bremsen

  • An Gravel-Handbikes sind drei Scheibenbremsen von Vorteil. Rutscht man z.B. über eine nasse, schlammige Wiese oder über eine Geröllhalde runter, sind drei Bremsen deutlich sicherer.
  • Bei Tadpole-Handbikes sind „Twin“ Bremsen (ein Bremshebel wirkt auf zwei Bremssättel) an den Vorderräder nötig, da die Vorderräder die Hauptbremslast übernehmen. Die hydraulische Tektro Auriga Twin (HD-T545) zeigt sehr gute Werte und lässt sich nebenbei als Parkbremse nutzen. Für noch mehr Bremsleistung steht die Vierkolbenbremse HD-T745 zur Wahl.
  • Bremsscheiben: Deltatrikes vorne 200mm / hinten 180mm reicht für grobe Bergabfahrten. Tadpole für hügelige Strecken genügen vorne und hinten 180mm, im bergigem Gebiet sind vorne 203 mm Scheiben empfohlen. Am Kobold Handbike lassen wir vorne und hinten Tektro Bremsen auf 203 mm Scheiben wirken.
  • An knochenharten Aufstiegen darf auch mal eine Pause eingelegt werden, da schreit der Handbiker nach einer gut funktionierenden, einfach zu bedienenden Feststellbremse.

Radsturz

Schmicking CrossCountry-Handbike ohne Radsturz
Quelle: Handbike-Andi Privatarchiv

Es gibt keinen plausiblen Grund für Radsturz an einem CC-Handbike, im Gegenteil Radsturz erhöht den Rollwiderstand und lässt die Reifen auf einem dafür nicht vorgesehenen Bereich ablaufen.

E-Handbikes mit je einem Nabenmotoren pro Hinterrad dürfen technisch bedingt keinen Radsturz haben, Der Radsturz würde den Motor zerstören.

Zwar kommen einige Handbikes nach wie vor mit Radsturz aus der Fabrik gerollt.
Hat der Kunde die Wahl, soll er unbedingt ohne Radsturz ordern, jedoch auf folgende Punkte achten:

  • Die Räder (hinten) sollen so weit auseinander stehen, dass die Auflage am Boden, Mitte / Mitte gemessen zwischen 70 und 80cm misst.
  • Dass breite, robuste Naben montiert sind, keine super schmale Rennnaben.

Räder

  • Wechseln und reparieren von defekten Reifen, auch draussen im Gelände, sollte für Gravel-Handbiker keine unüberwindbare Hürde darstellen. Die dazu nötigen Ersatz Reifen und Schläuche, sowie Flickzeug kommt mit auf die Tour. So ist es vernünftig vorne und hinten dieselbe Radgrösse zu fahren und eine Radgrösse zu wählen für die das Angebot an Reifen gross ist.
    Gravel-Handbikes laufen am idealsten auf 559 (26“) oder 584 (27.5“) Rädern. Wobei 559 zukünftig weniger gefragt sein wird.
  • Bei den Felgen soll nicht an Gewicht zu Lasten der Robustheit gespart werden.
  • Keinen Radsturz, die Räder sollen am Boden, Mitte / Mitte Rad gemessen zwischen 70 cm und 80cm auseinander stehen. Wege im Wald sind immer auch seitlich geneigt. Das Handbike muss kippstabil sein.
Radgrössen 26" / 27.5" / 29"
Quelle: www.rotwild.de

Reifen

  • Am Vorderrad ein schneller Mountainbike Reifen in der Art Maxxis Crossmark II, Michelin Country Race’R oder Schwalbe Marathon MTB, 54 bis 60mm breit (54-559 bis 60-559 oder 54-584 bis 60-584) lassen Gravel-Handbikes gut auf „Hardpack“ Untergrund rollen und bieten guten Menge Grip.
  • Im Winter auf Schnee oder im Sommer durch weiche, schlammige Gegenden machte ich persönlich sehr gute Erfahrung mit Continental Der Baron, Schwalbe Hans Dampf 60-559.
  • Hinten können leichtlaufende Reifen aus dem Gravel Segment aufgezogen werden. Vorschlag: Maxxis Rambler, Schwalbe Sammy Slick oder Maxxis Treadlite.
  • Für längere Kieswegfahrten ohne nennenswerte Steigungen, lohnen sich Bereifungen wie beim Tourenbike, so etwa Schwalbe Marathon oder Michelin Protek Max.
  • Wer mehrheitlich Asphaltstrassen nutzt, darf auch schmälere, feinere Reifen verwenden.
  • Das hintere Antriebsrad des Gravel-Handbike kann optimalen Grip aufbauen mit breiten (60 bis 65 mm), grobstolligen Reifen wie z.B. Continental der Baron (62-559 / 65-584) oder Schwalbe Hans Dampf (60-559 / 65-584)
  • Für E-unterstützte Tadpole Handbike spezielle E-Bike Reifen z.B. Schwalbe Eddy Current (65-584 / 70-584), Michelin E-Wild (65-584 / 70-584) oder Vittoria e-Mazza (60-584 / 65-584)
  • An den gelenkten Vorderrädern muss der Reifen in der Kurve gute Stabilität und Bremswirkung bieten. Am Kobold hat der Schwalbe Smart Sam (54-507) sehr gute Performance bewiesen.
  • Wir pumpen die Vorderreifen mit 2.2 Bar stärker auf als für MTB-Reifen üblich.

Sicherheit

  • Gravel Touren führen öfters über Strassen mit Verkehr, umso wichtiger sind am Gravel-Handbikes Fahnen angebracht.  Ich rate sogar zu zwei Fahnen.
  • Ohne Rückstrahler weiss vorne, rot hinten und orange seitlich soll kein Handbike auf Strassen unterwegs sein.
  • Gravel-Handbikes mit Motor gelten als E-Bikes und müssen auch bei Tag vorne ein weisses und hinten ein rotes aktiv leuchtendes Positionslicht verbaut haben.
  • Touren werden auch mal länger dauern als geplant. Für Dämmerungs- und Nachtfahrten ist aktive Beleuchtung unabdingbar. Kombiniert fest montiert, idealerweise am „safety rack“ und am Helm.
  • Bei der Routenwahl Sicherheitsreserven einbauen, wer nach langer steiler Abfahrt an ein unüberwindbares Hindernis kommt, muss wieder zurück können.
Sicherheitsflaggen
Quelle: www.traumvelo.de

Besonderes / Zubehör

Minipumpe Force
Quelle: www.trikotexpress.de
  • Flickzeug, Pneuhebel und Pumpe gehören zwingend zu CrossCountry-Handbikes.
  • Das E-Handbike verhilft zu höheren Geschwindigkeiten bei verhältnismässig weniger Kraftaufwand, Gute Kleidung mit Windschutz ist eine gute Investition. Mindestens eine gute Windschutzjacke gehört ins Gepäck.
  • Querschnitt Sportler müssen sich vor der Tour auch überlegen wie sie ihre Blasen entleeren können. Viele schaffen das im Handbike, aber das sollte erst zu Hause geübt werden. Frauen sind da klar benachteiligt, um so mehr sollte dieses Thema überlegt und vorbereitet sein.
  • Outdoor-Navigationsgeräte sind in unbekanntem Gelände hilfreich. Damit können Routen auf vorgängig geplant oder von anderen Handbikern „abgekupfert“ werden.
  • Handy ist für den Notfall mit dabei.

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