Schaltsysteme

Seit es Fahrräder gibt, wird an effizienten, leichten und langlebigen Schaltsystemen gearbeitet.

Die älteren Generationen unter uns kennen sich noch die allerwelts Sturmey Archer 3-Gang Nabenschaltung.
Längst ist diese Nabe von Kettenschaltungen, verbesserten Nabenschaltungen, Tretlager-Getriebeschaltungen und Mischformen davon abgelöst.

Kettenschaltung

Die Kettenschaltung gilt als die effizienteste Fahrrad Schaltung.

Elemente einer Kettenschaltung

Schaltungskomponente am Handbike

Die antriebsseitigen Kettenblätter leiten die Kraft, die vom Fahrer über die Kurbelarme eingebracht wird, an die Kette weiter. Die Ritzel der Kassette an der Antriebsradnabe drehen mit der Kraft der Kette das Rad und erzeugen dadurch den Vortrieb.

Wir sprechen von Antriebsseite und Radseite.

Je grösser ein antriebsseitiges Kettenblatt, desto länger der Hebel von Mitte Tretlager bis Kette. Durch den grösseren Umfang des Kettenblattes wird pro Kurbel-Umdrehung mehr Kettenlänge gezogen, so dreht sich das Antriebsrad weiter und man legt mehr Weg zurück. Höhere Geschwindigkeit kann erreicht werden, was man aber mit höheren Kraftaufwand abgelten muss.

Radseitig verhält es sich genau umgekehrt, je grösser der Ritzel um so geringer wird die Differenz zwischen Umfang Ritzel zu Umfang Rad. Oder anders herum erklärt, je grösser der Ritzel, desto mehr Kettenlänge wird benötigt um eine Raddrehung zu erreichen.

Antriebsseitig: Grösseres Kettenblatt ergibt längeren Gang.
Radseitig: Grösseres Ritzel ergibt kürzeren Gang.

Das was für viele Handbiker völlig logisch ist, hat es aber in sich, in meiner Karriere als Handbike-Berater habe ich unzählige Male erlebt, wie sich Menschen mit der Schalterei schwertun.

Besonders kompliziert wird’s wenn man dann noch erklärt bekommt, dass die Überkreuz-Schaltungen (oder Kreuzgang) schlecht für das Material sind.

Läuft die Kette Antrieb- und Radseitig gleichzeitig auf dem grössten Kettenblatt bzw. grössten Ritzel, wird sie stark gespannt und gleichzeitig seitlich verzogen. Kette, Kettenblatt, Ritzel und Kettenspanner werden unnötig (über-)belastet und verschleissen schnell.

Ebenfalls ist auch das Gegenteil, klein zu klein zu vermeiden.

Solche Überkreuz Situationen machen auch aus Sicht der Gangwahl keinen Sinn.

Nimmt man die nachfolgende Tabelle zu Hilfe, sieht man, dass 44Z zu 36Z (gross-gross) eine Entfaltung von 2.37 Metern ergibt. Genau gleich wie 22Z zu 18Z (klein-mitte) was sicher die bessere Wahl ist.

Ein kompletter Schaltvorgang tabellarisch dargestellt, am Beispiel der Standard-Handbike-Schaltung:

Zusammenfassung:

Nachdem nun auch der letzte Leser ob dieser Fülle an Theorie erschlagen ist, kann ich alles wieder relativieren und mein, alles andere als geheimer, Geheimtip kundtun.

Tip

Wähle Antriebseitig das mittlere Kettenblatt und damit kannst du Radseitig wild drauflos schalten wie es dir behagt.

Kommt dann mal der grosse Berg, wechselst Du Antriebseitig auf das kleine Blatt und bergab, darf es dann auch mal das ganz grosse Kettenblatt sein.

Übersetzungsverhältnis
Entfaltung
Gewicht
Anpassmöglichkeit
Auswahl / Angebot
Wartung

Nabenschaltung

Der Gangwechsel findet in der Nabe statt. Bis zu drei Planetengetriebe sorgen für ausreichend Gänge.

Die Älteren unter uns kennen das vielleicht noch von den 3-Gang Fahrrädern.
Moderne Nabenschaltungen bieten einiges mehr als nur diese drei Gänge.

Rohloff Explosionsdarstellung

Schalten im Stehen

Nabenschaltungen lassen sich im Stehen schalten

Nicht wie bei Kettenschaltungen lassen sich die Gänge nur während dem Kurbeln wechseln, sondern auch im Stand.

Jeder kennt das Problem, nach einem Bremsmanöver steht man mit viel zu grossem Gang und kann nicht mehr anfahren. Der Radfahrer kann diese Situation durch Anschieben meistern, der Handbiker bleibt mit seinem Problem auf sich alleine gestellt.
Mit einer Nabenschaltung ist das kein Problem, schnell ein paar Gänge runtergeschaltet und weiter geht’s.

Wartungsarm

Nabenschaltungen sind geschlossene, gekapselte Systeme, was sie weitestgehend wartungsfrei macht. Schmutz, Staub und Schlamm können Nabenschaltungen kaum etwas anhaben.

Schaltmechanik

Die meisten Nabenschaltungen lassen sich mechanisch per Drehgriff schalten. Zubehörlieferanten helfen oft auch mit anderen Lösungen aus.

Shimano Alfine 11 di2 und 3x3 Nine bieten den unbeschreiblich wertvollen Komfort, dass die Gänge elektronisch, per Knopfdruck, geschaltet werden können. Bei 3x3 Nine sogar kabellos.
Der E-14 Aufsatz von Rohloff ist leider nach wie vor, nur in Verbindung mit Bosch und Samsung Motoren nutzbar.
In Kombination mit E-Motoren ist das bereits heute möglich, bei Rohloff kombiniert mit Bosch und bei Nuvinci mit diversen Mittelmotoren.

Fixe Gesamtübersetzung

Ein weiterer Unterschied zu den Kettenschaltungen liegt darin, dass die Gesamtübersetzung einer Nabenschaltung ab Werk vorgegeben ist, man kann diese nicht verändern. Mittels Einsatz verschieden grosser Kettenblätter antriebsseitig, erreicht man immerhin dass die Gesamtübersetzung weiter unten oder weiter oben angesiedelt ist. Verwendet man sogar eine 3-Blatt Garnitur an der Kurbelwelle vergrössert sich auch die Gesamtübersetzung.

Für den Einsatz am Handbike drängen sich solche Lösungen auf, denn mit Ausnahme der Rohloff-Speedhub lassen die standardmässigen Nabenschaltungs keine grossen Übersetzungs-Sprünge zu.

Rohloff bietet nebst der grössten Gesamtübersetzung sogar verschiedene Ritzel an.

Rohloff perfekt für das Handbike

Treibt man eine Rohloff-Speedhub ausgerüstet mit einem 21 Zähne Ritzel mit einer Kettenblattgarnitur von 22/36/50 Zähnen an, geniesst man eine sagenhafte Gesamtübersetzung von fast 1200%. Der kürzeste Gang bringt das Handbike bei einer Kurbelumdrehung 62cm weit, mit dem längsten Gang sind es 7.2 Meter. Mit dieser Gesamtübersetzung rücken die grossen Touren in die Realität.

Übersetzungsverhältnis
Entfaltung
Gewicht
Anpassmöglichkeit
Auswahl / Angebot
Wartung

Tretlagerschaltung

Nebst Nabenschaltungen existieren auch Getriebeschaltungen die direkt bei der Kurbel, am Fussgänger-Fahrrad bei den Pedalen, montiert sind.
Dass als Antriebsrad jedes gewünschte Rad eingebaut und gewechselt werden kann ist der grosse Vorteil dieser Art von Getriebe. Dadurch kann die Gesamtübersetzung ausgereizt werden.

Pinion

Pinion ist ein spezielles Tretlagergetriebe.
Bei der Pinion-Schalttechnologie ist das Vorbild die im Auto bewährte Getriebetechnik. Und so steht auch die C-Linie für dauerhafte Zuverlässigkeit. Schalten so sorglos und intuitiv wie das Radfahren selbst.

Pinion glänzt mit hervorragenden Entfaltungswerten.

Nachteil dieser Technologie ist, dass für die Pinion spezielle Rahmen gebaut werden müssen.

Die etwas breitere P-Linie gibt es in 9, 12 und 18-Gang Versionen mit unterschiedlichen Bandbreiten
Die neue, kleinere C-Linie in  6, 9 und 12-Gang Version für Touren- und MTB Fahrräder.

Beispiele

[supsystic-tables id=20]

Schmicking Rehatechnik hat sich der Pinion Schaltung angenommen und ein MTB-Handbike mit Pinion C1.12, 45° Lenkkopfwinkel, Naben-Getriebemotor und Zahnriehmen gebaut.

Schlumpf-Mountaindrive

Kappstein Doppio CX

Eine sehr simple, wirkungsvolle Lösung ist die Schlumpf-Mountaindrive Schaltung. Per Knopfdruck im Kurbelwellenzentrum untersetzt sie um das 2.5 fache.

Ziehen wir das Beispiel mit der 3-Gang Kettenblattgarnitur 22/36/50 von oben als Vergleich heran und rechnen das mit einem 42 Zähne Kettenblatt an einer Schlumpf-Mountaindrive Schaltung und einem 15 Zähne Ritzel an der Rohloff vergrössert sich die Gesamtentfaltung nochmals und zwar auf über 1300%. Der kürzeste Gang bringt dann das Handbike 66cm und der längste 8.7 Meter weit.

Leider gibt es hier einen Hacken. Der liegt in der Montage, denn das Schlumpf-Mountaindrive-Getriebe kann nur in genormte Fahrrad-Tretlager eingebaut werden. Dadurch benötigt das Handbike entsprechende Anpassung im Bereich des Kurbelgehäuses und Kurbelarme wie sie noch bei den ersten Handbikes zum Einsatz kamen.

Das Kappstein Doppio CX ist ein 2-Gang Getriebe im Tretlager.

Mit dem Übersetzungsverhältnis von 1 : 1.57 kann mit einem kleineren Kettenblatt gefahren werden. Beispiel ein einzelnes Kettenblatt mit 32 Zähnen deckt eine Doppelgarnitur mit 32 und 50 Zähnen ab.

Geschaltet wird über einen diskreten Shifter am Griff.

Durch die Kompatibilität zu jedem herkömmlichen BSA/BSC Innenlager mit 68/73mm Breite muss das Handbike entsprechend gebaut sein. Die BSA Innenlagernorm wird bei Handbikes nur noch selten verbaut.