Radgrösse 622 (28″) (700)

Der Markt von Reifen, Felgen oder kompletten Laufrädern in der Dimension 622 (28“) bietet eine faszinierende Vielfalt an Möglichkeiten. Nicht zuletzt um auf diese riesige Auswahl zugreifen zu können, suchen immer wieder Handbiker nach Lösungen mit 622 mm grossen Rädern. Thomas Schmicking baute schon um 2006 Handbikes mit 28“ Laufrädern.

Aber warum bleibt es meistens nur bei Versuchen?

Die Antwort auf diese Frage ist eigentlich ganz einfach.

Ein Handbike ist kein Rennrad.

2-Spoke Wheel M5
Quelle: http://www.2-spoke.com

In der Einfachheit dieser Aussage liegt die Vielschichtigkeit begraben.

  1. Das Renn-Zweirad liegt in die Kurve, so wird das Rad auch in dieser Situation Linear belastet. Das Handbike-Rad neigt sich vorne nur wenig in die Kurve und hinten überhaupt nicht. Die Radnabe wird, durch die Fliehkraft der Kurve, seitlich aus dem Radzentrum gedrückt, am Vorderrad auch noch verdreht. Für solche Belastungen sind gross Speichenräder nicht konstruiert. Sie verformen sich. Je grösser nun dieses Rad ist, desto fragiler wird es.
    Handbiker welche mit 28“ Räder fuhren, mussten zum Beispiel die Exzenter der Bremsen öffnen weil in Kurven die Felge gegen die Bremsen drückte.
  2. Durch den gyroskopischen Effekt will das Rad seine Richtung beibehalten und „sträubt“ sich gegen das Einlenken, dieser Effekt verstärkt sich nicht nur durch die Steigerung der Geschwindigkeit, sondern auch durch die Radgrösse. Je grösser ein Rad desto weniger lässt es sich steuern.
  3. Aerodynamisch ist das Rad eines Renn-Zweirades in den Rahmen eingebunden, das Hinterrad wird quasi vom Vorderrad „verdeckt“. Das Hinterrad eines Handbikes steht völlig oder zumindest teilweise im Wind. Ein grösseres Rad hat einen grösseren Querschnitt und somit auch einen grösseren Windwiderstand. Ja ein grösseres 622er Rad hat weniger Rollwiderstand im Vergleich mit einem 406er Rad, was jedoch durch den grösseren Windwiderstand bereits ab 25 km/h aufgehoben ist.
  4. Wie oben beschrieben ist der Freiraum zwischen Ellbogen und Fahrer ein fixes Mass. Verwendet man nun grössere Räder muss das Handbike länger gebaut werden. Auch das Vorderrad muss weiter nach vorne. So wird ein Handbike mit 622 (28“) Rädern über 10cm länger.
  5. Durch die Verlängerung des Rahmens wird das Handbike weicher und beginnt eher zu wippen. Zusätzliche Versteifungen sind nur mit Mehrgewicht zu erreichen.
  6. Um ein grösseres Rad herzustellen braucht es mehr Material. Mehr Material wiegt mehr.
  7. Dem Rennfahrer am Limit, z.B. während eines Einzelzeitfahrens, wird auch noch das verlängerte Übersetzungsverhältnis negativ bewusst werden. Wechselt er bei einem 571er Rad mit eingelegtem 44er Kettenblatt vom 12er auf das 11er Ritzel, macht sein Handbike einen Sprung in der Entfaltung von 6.97 Meter auf 7.6 Meter, also um 63cm.

Derselbe Wechsel mit einem 622 (28“) Rad springt von 7.77 Meter auf 8.48 Meter, also um 71cm. Gut möglich, dass das das Zünglein an der Waage ist und er den grossen Gang nicht treiben kann.

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