E-Handbike Motoren
Es gibt viele Arten von Motoren. Für E-Fahrräder und somit auch für E-Handbike Antriebe kommen praktisch nur noch bürstenlose Gleichstrommotoren (brushless direct current BLDC), auch Elektronikmotoren genannt, zum Einsatz. Die Art und Weise wie diese Motoren auf- und in Handbikes eingebaut werden ist spannend, mehr dazu hier.
E-Bike Motoren sind gebaut für Fahrräder von Fussgängern somit für Geschwindigkeitsbereiche um 20 bis 25 km/h. Bei diesem Tempo ist es den Motoren pudelwohl, da können sie ihrer Bestimmung effizient und zuverlässig nachkommen.
Geringe Drehzahlbereiche wirken sich für Elektromotoren ungünstig aus. Der Wirkungsgrad sackt ab und der Stromverbrauch steigt überproportional, es entsteht viel Hitze und es droht im Extremfall der Hitzetod des Motors.
Der trainierte Handbiker kann mit einem strassentauglichen Handbike auf flachen Strecken zwar die oben beschriebenen 20 bis 25 km/h gut halten. Steigt die Strecke nur leicht an, wird der Durchschnitt deutlich sinken. Mit einem Handbike bewegen wir uns mehrheitlich unter 20 km/h.
Bergauf fällt die gefahrene Geschwindigkeit schnell unter 10 km/h, bei starken Steigungen bleiben nur noch ca 2.5 – 7 km/h, je nach Strecke auch über längere Zeit.
Mit der Wahl des richtigen Motors, kann das Problem minimiert werden.
Handbikes sind langsamer und schwerer.
Motoren mit Drehmoment (Kraft) sind wichtiger als Speed.
Bürstenlose, direktwirkenden Nabenmotoren
Bürstenlose, direktwirkende Motoren in der Nabe (Beispiele: BionX und Neodrive) sind am häufigsten in Handbikes anzutreffen. Durch die Bauart im Antriebsrad lassen sich damit die meisten Handbikes unkompliziert aus- oder umrüsten.
Technisch gesehen sind sie relativ simpel aufgebaut.
Der Stator mit seinen Spulen ist fest mit der Achse verbunden, durch die auch die Kabelzuführung erfolgt. Schleifkontakte werden nicht benötigt. Die bis zu 40 starken Permanentmagnete am Nabengehäuse rotieren um den Stator und treiben so über die Speichen das Rad an.
Diese direkt wirkende Nabenmotoren laufen sehr leise und überzeugen mit hohen Wirkungsgraden von über 80%. Da sie ohne Getriebe und Kettenantriebe auf das Rad auskommen, entstehen keine weiteren Wirkungsverluste.
Der Nachteil dieser Konstruktion sind die grossen Abmessungen und damit verbunden das grosse Gewicht (ca 4kg). Ein derartiger Motor hat keinen Freilauf, was den Leichtlauf des Handbikes, bei abgeschaltetem Motor, einschränkt. Andererseits kann der Motor auch als Generator laufen (Rekupuration = Bremskraft-Rückgewinnung) oder als Dynamo wirken.
Bürstenlose, direktwirkende Nabenmotoren eignen sich nur für kleine Räder da sie, um das volle Drehmoment zu entwickeln, eine gewisse Drehzahl benötigen. Bereits einige direktwirkende Nabenmotoren verbrannten in Handbikes mit grossen Rädern.
Eignung direktläufer Nabenmotoren
Flaches Gelände bis 5% Steigung
Hügeliges Gelände, Steigungen bis 15% und bis ca 400 Höhenmeter am Stück
Steigungen bis zur Haftgrenze der Reifen und Aufstiege über 10%, teils über 3 Stunden.
Optimaler Einsatzbereich
Mässig geeigneter Einsatzbereich
ungeeigneter Einsatzbereich
Nabenmotoren mit Planetengetriebe
Nabenmotoren mit Planetengetriebe (Beispiel: Ansmann RM9.0) orientieren sich am Trend zu immer kleinerer Bauweise.
Auch hier ist der Stator mit seinen Wicklungen zur Erzeugung eines Magnetfeldes fest mit der stehenden Achse verbunden. Die Permanentmagnete sitzen auf einer drehenden Glocke (Rotor), die den Spulenstator umläuft. Auf der anderen Seite der Glocke ist das Sonnenrad-Ritzel, welches das Planetengetriebe antreibt.
Diese Bauart erlaubt es, die Drehzahl des Rades zu reduzieren, während der Motor in einem gesunden Drehzahlband verbleibt und sich das Drehmoment entsprechend vergrössert. Bei einer Nennleistung von 250 Watt liegen bei manchen Fabrikaten der Durchmesser unter 12 cm und das Gewicht knapp über 2 kg.
Der Getriebe-Nabenmotor ist bei den Fahrrädern zum Standard geworden und eignet sich für den Einsatz im Handbike.
Der Getriebemotor eröffnet die Möglichkeit einen Freilauf einzubauen, was den Leichtlauf des Handbikes erheblich verbessert - das Handbike läuft bei abgeschaltetem Motor so leicht als wäre kein Motor verbaut.
Nachteilig sind die Geräusche des Getriebes und die eingeschränkte Rekupurationsfähigkeit, welche sich nur über Umwege und elektronische Triks nutzen lassen. Dazu wird auf einen Freilauf verzichtet und die Elektronik so programmiert, dass selbst bei abgeschalteter Unterstützung der Motor mit einem Minimum an Antrieb läuft.
Eignung Getriebe-Nabenmotoren
Flaches Gelände bis 5% Steigung
Hügeliges Gelände, Steigungen bis 15% und bis ca 400 Höhenmetern am Stück
Steigungen bis zur Haftgrenze der Reifen und Aufstiege über 10%, teils über 3 Stunden.
Optimaler Einsatzbereich
geeigneter Einsatzbereich
kaum gegeignetes Einsatzgebiet
Mittelmotor oder Tretlagerantriebe
Der Mittelmotor- oder Tretlagerantrieb sitzt zwischen den Rädern eines Fahrrades, daher die Bezeichnung Mittelmotor. Was beim Handbike bauartbedingt nicht zwingend die richtige Bezeichnung ist.
Die Besonderheit dieser Antriebsform ist, dass die Tretkurbelwelle durch die Antriebseinheit geht und letztlich über die Kette (bzw. Riemen oder Welle) auf das Antriebsrad wirkt.
Dadurch hat das Mittelmotor und Tretlagerantriebskonzept einen herausragenden Vorteil: Es ist vor der Schaltung des Handbikes platziert und nutzt diese um in gesundem Drehzahlbereich zu bleiben. In der Ebene ist der Nabenmotor mit seinem besseren Wirkungsgrad eine gute Lösung. Im bergigen Gelände lässt der Mittelmotor seine Konkurrenten jedoch schnell hinter sich. Das liegt einerseits daran, dass beim Herunterschalten in niedrige Gänge die Schubkraft des Antriebs steigt und andererseits der Wirkungsgrad gut bleibt.
Da der Mittelmotor die Antriebskette antreibt, kann bei der Wahl der Übersetzungsverhältnissen und der Wahl des Schaltsystems auf (verstärkte) Standard Komponenten zurückgegriffen werden.
Durch die Freilaufsystemen in den Schaltsystemen sind Mittelmotoren nicht Rekupurationsfähig.
Ein weiterer Vorteil der Mittelmotoren ist die Tatsache, dass Systeme (z.B. Schachner) mit Rücktrittbremsen angeboten werden, was ihn für Handbiker mit eingeschränkter Handfunktion interessant macht.
Mit starken Mittelmotoren (z.B. Bafang BBSHD mit 1000Watt / 160 NM Drehmoment) kann ein Handbikefahrer ohne grosse Anstrengung locker mit Fussgänger Radfahrer mithalten, auch am Berg. Dadurch kann wenigstens bei der Radfahrt Inklusion genossen werden. Leider sind Systeme über 250 Watt Leistung nicht auf öffentlichen Strassen zugelassen.
ProActiv beweist mit dem HUSK-E, dass sogar in Vorspann-Handbikes Mittelmotoren montiert werden können.
Eignung Mittel- / Tretlagermotoren
Flaches Gelände bis 5% Steigung
Hügeliges Gelände, Steigungen bis 15% und bis ca 400 Höhenmetern am Stück
Steigungen bis zur Haftgrenze der Reifen und Aufstiege über 10%, teils über 3 Stunden.
ideales Einsatzgebiet
optimales Einsatzgebiet
einzige Wahl für dieses Einsatzgebiet
Sitzrohr-Antrieb
Unterrohr-Antrieb
Quelle: www.vivax-assist.com
Eine andere Art von Tretlagermotoren ist der Sitzrohr-Antrieb Vivax Assist der Tiroler Firma vivax drive GmbH & Co KG. Der bürstenlose Gleichstrommotor ist beim Fahrrad im Sitzrohr untergebracht und treibt über ein Kegelradgetriebe direkt, ohne Freilauf, die Tretlagerwelle an.
Praschberger setzt diese Art von Antrieb auch in Handbikes ein.
Das komplette Antriebssystem wiegt nur gerade 1.8 kg und die Motor-Getriebe-Einheit ist so im Rahmen versteckt, dass das Handbike nicht als E-Handbike erkannt wird.
Dieser Motor wird in der Regel nur bei Bedarf zugeschaltet. Meist benötigt man die Elektrounterstützung nur bei wenigen Passagen. Bei Dauerzuschaltung des Motors sind Laufzeiten bis zu 90 Minuten möglich.
So diskret wie sich der Vivax Motor im Handbike versteckt so lautstark ist er im Einsatz zu hören.
Das Münchner Unternehmen Fazua bietet ein System an bei dem Motor und Akku in einem gemeinsamen Rohr stecken welches in ein Unterrohr eines "Fussgänger Fahrrades" geschoben wird. Der Motor wirkt über ein Winkelgetriebe auf die Tretlagerwelle.
Leider kann dieses System nicht in herkömmliche Handbikes gebaut werden, da es das Unterrohr beim Handbike gar nicht gibt.
Eine Variante in einem Tadpole Handbike ist denkbar, hat aber noch niemand umgesetzt. Die max. Leistung des Fazua Systems liegt mit 250 Watt an der unteren Grenze für Handbikes.