Front- / Mitte- / Heckmotor

Wo ist die richtige Position des Motors bei E-Handbikes?

Ein paar Vorschläge für Vor- und Nachteile bei Front-, Mittel- und Heckmotor Anbau.

Frontmotor (Nabenmotor)

Die Kraft des Fahrers wirkt über die Kette auf den Motor und wird von diesem verstärkt, so dass die kummulierte Leistung aufs Vorderrad wirkt.

Das ist die bekannteste und einfachste Variante. Motor und Sensorik sitzen in der Nabe, genau genommen ist der Motor die Nabe. Der oder die Akkus findet man bei Vorspann-Handbikes neben oder über dem Rad, bei Festrahmen-Handbikes meistens hinter der Rückenlehne auf dem Rahmen.
Das Gewicht des Motors bringt zusätzliche Traktion und das Handbike wird im Gelände agiler.
Der Frontmotor kann, je nach Ausführung, mit rekuperierenden Systemen betrieben werden. Das heisst bei Bergabfahrt polt der Controller den Motor zum Generator um und dieser wird zum stromerzeugenden Minikraftwerk, lädt den Akku und bremst nebenbei das ganze Gefährt bequem.

Bei Nabenmotoren unterscheidet man zwischen Direktläufer- und Getriebemotoren. Mehr dazu unter der Rubrik Motoren

  • sanftes Startverhalten

  • leise

  • teilweise rekupurierfähig

  • simpel, einfach zu montieren

  • hohe Energieeffizienz (flache Strecken)

  • Schwerpunkt im Antriebsrad

  • überhitzt in Steigungen

  • mässiges Drehmoment am Antriebsrad

  • schwache Anfahrleistung

  • hoher Stromverbrauch unter Last (Langsamfahrt)

Mittel- / Tretlagermotor

Mittelmotor oder Tretlagermotor an der Kurbel. Motor, Sensorik und Controller sind direkt an der Kurbel angeflanscht, die Kraft des Fahrers wird mit der Kurbel ins System eingeführt, kumuliert mit der Motorkraft und an die Kette abgegeben. Vorne in der Gabel sitzt ein herkömmliches Rad mit der gewünschten Schaltung.

Die Vorteile dieser Anordnung liegen darin, dass die Schaltkomponenten (Untersetzung) nach dem Motor eingebaut sind.
Der Motor kann, bei entsprechend angepasster Entfaltung, in guter gesunder Drehzahl arbeiten.

Es muss jedoch darauf geachtet werden, dass die Schaltgruppe (Kette, Kassette, Wechsler) auf die hohen Kräfte ausgelegt ist. Mittlerweilen bieten Hersteller spezielle Gruppen für E-Bikes mit Mittelmotoren an (z.B. SRAM EX1).

Der  Mittelmotor setzt den Schwerpunkt am Handbike nach oben und somit neigt es eher zum Kippen.

Es gibt Mittelmotoren (z.B. Bafang BBSHD) die bis zu 160 Nm Drehmoment liefern. Solche Motoren ermöglichen es dem Handbiker, locker mit dem Tempo von Fussgängern mitzuhalten und das auch am Berg. Technische Inklusion.

  • kräftiges Startverhalten

  • Einsatzbereich mit Übersetzung einstellbar

  • hohes Drehmoment

  • unter Last am Berg Energieeffizient

  • höherer Geräuschpegel

  • keine Rekupuration

  • hohe Belastung von Ketten und Ritzel

  • hoher Schwerpunkt

„Echter“ Mittelmotor im Handbike

Wie kann man die Vorteile des Mittelmotors im Handbike nutzen und trotzdem nicht auf tiefen Schwerpunkt und hohe Traktion verzichten?

Diese Frage stellen sich innovative Handbike Hersteller schon seit einiger Zeit.
An Froschposition-MTB-Handbikes stellt sich die Frage erst gar nicht. Durch die sehr tiefe Position des Tretlagers sitzt auch ein Tretlagermotor sehr tief. Der Hinterradantrieb bietet von Haus aus sehr grosse Traktion.

Die Konstruktion des Kobold Handbikes löst die Frage nach Mittelmotor und trotzdem tiefer Schwerpunkt in dem der Motor unter dem Sitz, zwischen zwei Ketten platziert wurde. Die erste Kette führt vom Tretlager zum Motor. Am Motor ist anstelle der Kurbelarme ein Kettenblatt montiert. Die kumulierten Kräfte des Fahrers und des Motors wirken über eine zweite verstärkte Kette auf das Hinterrad.

  • kräftiges Startverhalten

  • Einsatzbereich mit Übersetzung einstellbar

  • hohes Drehmoment

  • unter Last am Berg Energieeffizient

  • tiefer Schwerpunkt

  • höherer Geräuschpegel

  • keine Rekupuration

  • hohe Belastung von Ketten und Ritzel

Heckmotor (Nabenmotor) am Tadpole Handbike

Beim Handbike in Tadpole-Trike Anordnung (zwei Räder vorne / ein Rad hinten) übernimmt der Heckmotor dieselben Eigenschaften wie im Vorderrad beim Handbike mit Delta-Trike Anordnung (ein Rad vorne und zwei Räder hinten). Der Motor treibt und bremst das eine Antriebsrad an.

Wird ein Tadpole Handbike mit einem Nabenmotor angetrieben, wird die Kraft des Fahrers über die Kette an den Motor im Hinterrad geleitet, dieser verstärkt diese und überträgt sie direkt aufs Rad.

  • sanftes Startverhalten

  • leise

  • teilweise rekupurierfähig

  • simpel, einfach zu montieren

  • hohe Energieeffizienz (flache Strecken)

  • Schwerpunkt im Antriebsrad

  • überhitzt in Steigungen

  • mässiges Drehmoment am Antriebsrad

  • schwache Anfahrleistung

  • hoher Stromverbrauch unter Last (Langsamfahrt)

Schiebehilfe (Nabenmotor)

Aus den USA stammt die spannende Idee des „RoadRACE Power Pod“. Ein einzelnes Rad, ausgerüstet mit Motor und Akku wird mittels Schnellverschluss hinten an ein handelsübliches Handbike angeflanscht. Diese Variante kommt ohne Sensorik aus ist also ein reiner Elektrofahrmotor, der Fahrer ruft über einen „Gashebel“ die gewünschte Leistung ab. Dieses System ist vor Allem auf Speed ausgelegt und dürfte nicht mit europäischen Verkehrsgesetzen vereinbar sein.

  • einfache Technik

  • schnell

  • in Europa illegal

Heckmotor (Nabenmotor) am Deltatrike Handbike

Aus der Schweiz kommt der Gedanke, in jedes der beiden Hinterräder eines klassischen Handbikes je einen Elektromotor zu verbauen.
Mike Dubs der Ingenieur und Sohn eines Paraplegikers, baute zusammen mit der Electrolyte GmbH, Adapter um in jedes Hinterrad eines klassischen Handbikes, je einen 250 Watt Getriebemotor zu bauen. Dazu spiegelte Electrolyte einen Motor, damit er gegenläufig dreht und entwickelte eine neue Steuerung. Die Motoren werden nun über einen Hall-Sensor an der Kurbelwelle über Daten des Fahrers informiert. Als schönes und angenehmes Gadget wurde dem Antriebssystem eine kräftige Starthilfe spendiert.
Wer kennt nicht die Situation, beim Losfahren von der Ampel festzustellen dass ein viel zu grossen Gang eingelegt ist? Ein kurzer Druck auf den Startknopf und die Fuhre geht ab wie die Feuerwehr.

Ich kann aus eigenen Testfahrten berichten, dass das System Traktionsprobleme in die Märchenecke verbannt und einfach nur Spass macht.
Das System ist aktuell (Februar 2018) an einem älteren Sopur Shark als Prototyp verbaut und in der Phase wo es vom Prototypen zum Serienprodukt reift.

Die Kraft des Fahrers wird klassisch über eine Kette an das Vorderrad abgegeben. Die beiden Getriebenabenmotoren in den Hinterrädern treiben diese direkt an, so hat entsteht ein Allradantrieb.
Leider bekunden Nabenmotoren Probleme bei langsamer Fahrt und grosser Last so dass die Freude getrübt wird. Siehe mehr dazu unter der Rubrik Motoren.

Heinzmann der Elektromotoren Hersteller aus dem Schwarzwald bietet seinen kräftigen Cargo Power E-Bike Motor auch für einseitige Befestigung an. Damit könnten „herkömmliche“ Deltatrike Handbikes mit Hinterradantrieb ausgerüstet werden.

Umgesetzt hat die Idee mit den zwei antreibenden Motoren hinten, bereits Reiner Stricker am Lupo Handbike.

  • sanftes Startverhalten

  • leise

  • teilweise rekupurierfähig

  • extreme Traktion (Allradantrieb)

  • hohe Energieeffizienz (flache Strecken)

  • Schwerpunkt im Antriebsrad

  • überhitzt in Steigungen

  • mässiges Drehmoment am Antriebsrad

  • schwache Anfahrleistung

  • hoher Stromverbrauch unter Last (Langsamfahrt)

  • aufwändige Montage